von Andreas S. Hennig
In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder Publikationen über die Zwillingsbildung bei Schildkröten in Liebhaberbeständen. Diese Vorfälle wurden stets anschaulich beschrieben und sind nicht auf bestimmte Arten, Gattungen oder Familien beschränkt. Allerdings wurden für dieses Phänomen bisher keine möglichen Ursachen in Erwägung gezogen.
In den ersten rund 13 Jahren meiner Schildkrötenhaltung hatte ich bei meinen Nachzuchtbemühungen nie einen Fall von Zwillingsbildung verzeichnen können. Im 14. Jahr allerdings registrierte ich gleich fünf Zwillingspaare: zwei Paare bei meinen McCords Schlangenhalsschildkröten (Chelodina mccordi) und je eines bei Rotbauch-Spitzkopfschildkröten (Emydura subglobosa), Gewöhnlichen Moschusschildkröten (Sternotherus odoratus) und Gelbrand-Scharnierschildkröten (Cuora flavomarginata).
Worin lag der Grund für diese plötzliche Häufung? Da ich ausschließen konnte, neben einem Atomkraftwerk zu wohnen, musste eine andere Ursache zur Lösung des Rätsels führen. Schritt für Schritt prüfte ich meine Haltungsbedingungen und die Veränderungen, die in den Monaten zuvor (möglicherweise zunächst unbemerkt) eingetreten waren. Es waren jedoch keine neuen Schildkröten der betreffenden Arten neu in den Bestand gekommen, die Haltungsbedingungen einschließlich Rhythmus im Jahresverlauf waren gleich geblieben, es waren dieselben Tiere, die zum Verpaaren vorübergehend miteinander vergesellschaftet worden waren und in den Jahren zuvor erfolgreich für befruchtete Eier und Nachzuchten ohne Zwillingsbildungen gesorgt hatten.
Spielt die Ernährung eine Rolle?
Schlussendlich blieb ich bei der Ernährung hängen: Immer wieder hatte ich versucht, den Speiseplan zu bereichern, für Abwechslung zu sorgen und neue Futterquellen zu erschließen. In diesem Zusammenhang hatte ich auch die Asia-Märkte meiner Heimatstadt neu entdeckt. Fest in vietnamesischer Hand, bieten die betreffenden Läden nicht nur chinesisches Bier und kulturellen Schnickschnack wie winkende Katzenfiguren, sondern auch hochinteressante Tiefkühltruhen. Spannender als so manche Zoohandlung, gibt es unter den gefrorenen Lebensmittelangeboten nicht unbedingt Alltägliches zu sehen und zu kaufen: Reiskrabben, Apfelschneckenfleisch, Süßwassergarnelen, Stinte, Muschelfleisch, Tintenfische u.v.m.
Im Angebot eines solchen Asia-Marktes in Leipzig waren auch Ein-Kilo-Packungen mit Meeresfrüchten. Eine solche Verpackungseinheit enthielt klein geschnittene Tintenfische, Garnelenstücke („Shrimps“), Muscheln und Bestandteile anderer Wasserbewohner, nicht immer genau definierbar. Es sah alles appetitlich aus (war ja auch ursächlich für den menschlichen Verzehr gedacht), war nicht gewürzt, und der Preis war akzeptabel.