Die Thematisierung von Erhaltungszuchten – Über die unterschiedlichen Rollen des gläsernen Zuchtraums im Amphibium
Zoologische Gärten sind sowohl Spiegelbild als auch – im besten Fall – Taktgeber des aktuellen gesellschaftlichen Diskurses zum Mensch-Tier-Verhältnis, zu Fragen des Tier- und Naturschutzes sowie der Arterhaltung. Vor dem Hintergrund der Artenkrise einerseits und einer tendenziell zookritischen Öffentlichkeit andererseits kommt dem gläsernen Zuchtraum des Amphibiums nicht nur eine praktische, sondern auch eine strategische Funktion zu. von Björn Encke
Viele Zoogründungen in Deutschland gingen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf naturwissenschaftlich interessierte Kreise des gehobenen Bürgertums zurück. In jener Zeit des Kolonialismus wurden erstmals Tiere systematisch gesammelt, beschrieben und eben in zoologischen Gärten in entsprechend schicken, meist ethnologisch gestalteten Tierhäusern ausgestellt. Über die Haltungsbedingungen der Tiere war wenig bekannt, sie standen auch nicht im Fokus. Der Zoobesuch war ein teures Vergnügen, das meist den etwas besser gestellten Schichten vorbehalten war, die dadurch ihr Interesse an der Naturwissenschaft bekundeten.
Vom Haus der Lurche zum Amphibium – Planung und Realisierung eines Amphibienhauses im Erlebnis-Zoo Hannover
Es geschieht nicht alle Tage, dass ein komplettes Zoo-Haus für Haltung, Nachzucht und Präsentation von Amphibien speziell umgebaut wird. Umso schöner, hier sozusagen noch mal bei Planung und Umsetzung zuschauen zu können. von Björn Encke
Anfang 2021 erhielt Frogs & Friends den Auftrag, ein Konzept für ein Amphibienhaus im Erlebnis-Zoo Hannover zu erstellen. Während der Corona-Pandemie waren auch sämtliche Restaurants des Zoos geschlossen, eines davon sollte seine Türen nicht wieder öffnen. Statt eines beliebten Nudel-Restaurants in einer Fachwerkscheune sollten hier in Zukunft Frösche und Molche für noch mehr Entzücken bei den Besuchern sorgen. Und so trommelten wir „Frösche“ unsere „Freunde“ zusammen, sprich unser erprobtes Ausstellungsteam, bestehend aus dem Architekten/Designer-Team Adriaan Klein und Camillo Kuschel, unserem Digital-Mann Bernd Schultheis, Susann Knakowske als Film-Autorin und Ausstellungs-Kuratorin sowie mir als Projektleiter.
Fünf Viperngattungen, drei Kontinente – so ähnlich und doch so verschieden! Teil 2: Puffottern, Hornvipern, Trughornvipern
Nachdem Klapperschlangen und Zwergklapperschlangen im Fokus des ersten Teils dieses Artikels standen, geht es diesmal um ihre altweltlichen Pendants – und auch hier finden sich wieder verblüffende Ähnlichkeiten in Körperbau und Ökologie. von Oliver Krug
Bitis (Puffottern) ist eine Gattung innerhalb der Unterfamilie der Viperinae, zu der auch alle weiteren hier behandelten Gattungen zählen. Ihre Vertreter sind ausschließlich in Afrika und Teilen der Arabischen Halbinsel verbreitet. Die derzeit 18 anerkannten Arten (Uetz et al. 2023) verteilen sich auf folgende Untergattungen:
Das Amphibium – Eine neue Attraktion für Amphibienfreunde und solche, die es werden wollen
Im Mai 2024 eröffnete der Erlebnis-Zoo Hannover das Amphibium, eine moderne Ausstellung mit angeschlossenem Zuchtbereich, die auf 250 m2 ein Schlaglicht auf Faszination und Schutzbedürfnis von Salamander, Frosch und Co wirft. von Björn Encke
Wer das Amphibium betritt, erlebt mit dem ersten Schritt bereits eine Überraschung: von außen eine rot bedachte Scheune, im Innern jedoch eine gänzlich neue Welt! Die organisch geformte, in hellem Türkisgrün gehaltene Innenarchitektur ist eine freundliche Einladung, weiter hinein- und heranzutreten an die harmonisch eingefügten Anlagen.
Fünf Viperngattungen, drei Kontinente – so ähnlich und doch so verschieden! Teil 1: Klapperschlangen (Crotalus) und Zwergklapperschlangen (Sistrurus)
Ähnliche Umweltbedingungen führen zu ähnlichen Anpassungen. Ein Blick auf die verblüffende Konvergenz zwischen Seitenwinder (Cerastes cerastes) und Seitenwinder-Klapperschlange (Crotalus cerastes) ist das vielleicht eindrücklichste Beispiel für solche Konvergenzentwicklungen bei Schlangen, die durch einen Ozean getrennt und trotzdem überraschend ähnlich sind. Ein genauerer Vergleich von fünf Viperngattungen mit ihren Eigenheiten und Unterschieden. von Oliver Krug
Zum Einstieg ein altbekanntes Thema: Die Haltung sämtlicher Giftschlangen, die in diesem Artikel behandelt werden, ist in vielen Bundesländern verboten und nur in der kleineren Zahl der Länder nicht geregelt. Wir stehen vor einem Flickenteppich an Regelungen. Das geht von Totalverboten mit äußerst schwierigen oder nur temporär zu erfüllenden Ausnahmebedingungen (z. B. Teilnahme an einem Forschungsprojekt) bis zu Erlaubnisvorbehalten mit Nachweisen bestimmter Voraussetzungen (z. B. Sachkunde, Versicherung, Serum etc.). Letzteres ist ausdrücklich zu begrüßen, da die Hürden für die Giftschlangenhaltung durchaus nicht zu niedrig angesetzt, aber für entsprechend sachkundige Halter überwindbar ausgestaltet sein sollten.
Glücklicherweise konnten erfahrene und in Fachverbänden organisierte Giftschlangenhalter in jüngerer Zeit die politischen Entscheidungsträger erfolgreich beraten und einen fruchtbaren Austausch anstoßen. Grundsätzlich sollten Giftschlangen nur von sehr erfahrenen Haltern in speziell darauf ausgerichteten Anlagen mit entsprechenden Sicherungsvorkehrungen gehalten werden.
Gestatten, Mr. Fowlers Kröte – Anaxyrus fowleri in der Natur und im Terrarium
Fowlers Kröte ist recht groß und eine ausgesprochen ruhige Terrarienbewohnerin. Besonders gut lässt sie sich in unserem Klima in gut gesicherten Freilandterrarien pflegen. Auch die Nachzucht kann gelingen – eine ausreichende Beregnung vorausgesetzt. von Leo Spinner
Die Halbinsel Cape Cod liegt im Südosten Neuenglands (genauer: an der Küste von Massachusetts) und erstreckt sich ca. 150 km weit in den Atlantik, 150 km Halbinsel mit reichlich Küste, wettergegerbten Eichen und Kiefern, Walbeobachtungen und Horden von Sommertouristen. Cape Cod stellt eine unglaubliche, ziemlich einzigartige Landschaft dar, die sich auf natürliche Weise über vier eiszeitliche Gletscherverschiebungen hinweg entwickelt hat und die heute eine erstaunliche Vielfalt an Lebensräumen und Wildtieren aufweist – ein Traum auch für Herper!
Das Kap war allerdings auch unvorstellbaren Umweltbelastungen und -veränderungen ausgesetzt und hat leider eine ungewisse Zukunft
Ein leidenschaftlicher Terrarianer: Michael Spiesberger und sein privates „Exotarium“
Wer auf der Roitherstraße/B145, vom Zentrum der oberösterreichischen Marktgemeinde Ebensee kommend, in südlicher Richtung fährt und nach ca. 3,4 Kilometern im Ortsteil Roith in die Waldstraße einbiegt, kommt an schmucken Einfamilienhäusern vorbei und ahnt nicht, was sich in einem der Gebäude verbirgt – nämlich das „Exotarium“ von Michal Spiesberger (32). Eine Terrarienanlage, die erahnen lässt, wie viel Herzblut ihr Besitzer dort hineingesteckt hat. von Hans Esterbauer
Trautes Heim, Glück allein! Wer kennt ihn nicht, diesen Spruch, den viele Zeitgenossen als spießig empfinden? Aber trifft er manchmal nicht dennoch zu? Wie etwa bei Michael Spiesberger. Im eigenen Hobbykeller oder im vertrauten Kreis von Gleichgesinnten kann durchaus eine Menge Glück verborgen liegen.
Kleinleguane – Echsenvielfalt in der Neuen Welt
Halsbandleguane, Anolis, Stachelleguane, Krötenechsen, Rollschwanzleguane – die Namen der ebenso vielgestaltigen wie artenreichen Echsen aus Nord-, Mittel- und Südamerika klingen jedem Terrarianer in den Ohren. Ganz gleich, ob man sich selbst schon mal terraristisch mit ihnen befasst hat oder nicht: Man kennt sie einfach. Seit Jahrzehnten sind sie fester Bestandteil in Fachgeschäften und auf Börsen, sie huschen durchs Karibik-Ressort oder begegnen einem beim eigenen Roadtrip durch die USA. Wer sie bei sich zu Hause pflegt, hat garantiert viel Freude an lebhaften, beständig sichtbaren, gut haltbaren Echsen sowie eine hohe Stromrechnung. von Heiko Werning
Der deutsche Begriff „Leguan“ hat eine sprachlich interessante Karriere hinter sich. In den Indígena-Sprachen der Karibik werden die großen Echsen der heutigen Gattungen Iguana (Grüne Leguane) und Cyclura (Wirtelschwanzleguane) „Yuana“ genannt. Von dort ist der Begriff als „iguana“ ins Spanische und die wissenschaftliche Nomenklatur gedrungen. Das Wort lässt auch 500 Jahre später nachfühlen, welchen Eindruck die großen Leguane auf die spanischen Eroberer gemacht haben.
„Artgerecht ist nur die Freiheit“? – Schildkrötenschutz am Beispiel Kambodscha
Ein Slogan, der dem Ex-situ-Artenschutz und vor allem den Zoos oft entgegengehalten wird, lautet: „Artgerecht ist nur die Freiheit“. Aber gerade am Beispiel der asiatischen Schildkröten und deren Bedrohungssituation lässt sich leicht zeigen, wie sehr dieser Parole jeder Bezug zur Realität fehlt und auch, wie naiv es ist, Argumente gegen die Haltung von Tieren auf einen zweifelhaften Freiheitsbegriff zu reduzieren. von Philipp Wagner & Christel Griffioen
Insgesamt 60 % der rund 370 Schildkrötenarten sind bedroht (Cox et al. 2022). In Asien, vor allem in Südostasien, dürfte die Situation noch deutlich schlechter sein und an die 100 % heranreichen. Damit stehen wir kurz davor, einen Großteil der dort ursprünglich beheimateten Arten zu verlieren, die zu einer evolutionären Linie gehören, die seit über 200 Millionen Jahren existiert. Schuld daran ist das vom Menschen verursachte Artensterben.
Schildkröten werden in Asien vielfältig genutzt: als Haustier, als Nahrungsmittel, als religiöses Objekt und als Medizin. Die asiatische Schildkrötenkrise verhindert oftmals auch einen effektiven Artenschutz und greift mittlerweile sogar auf andere Kontinente über, deren Schildkrötenpopulationen geplündert werden, damit die Tiere dann nach Asien, vor allem China, geschmuggelt werden.
Ausgezeichneter Artenschutz
Vor genau 25 Jahren fragte die REPTILIA: „Sind die Schildkröten Asiens noch zu retten?“ und veröffentlichte einen Spendenaufruf, um ein aberwitzig erscheinendes Projekt zu unterstützen, das von dem Münsterländer Terrarianer Elmar Meier ersonnen worden war. Geplant war eine Zuchtstation auf dem Gelände des Allwetterzoos Münster, um eine Reihe kurz vor der Ausrottung stehender asiatischer Schildkröten zu retten. Was folgte, war eine beispiellose gemeinsame Kraftanstrengung von privaten Terrarianern, einem Zoo und einer Artenschutzorganisation, eine schier unglaubliche Geschichte, die in diesem Frühjahr darin gipfelte, dass Elmar und Ingrid Meier das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekamen, die höchste Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement in Deutschland. von Heiko Werning
Donnerstag, 21. Dezember 2023, drei Tage vor Weihnachten. Elmar Meier holt einen Brief vom Kreis Coesfeld aus dem Briefkasten. Ein Strafmandat? Oder ein Schreiben vom Landschaftsbeirat des Kreises, in dem Elmar mit seiner Expertise seit Langem tätig ist, um bei Naturschutzgebiete betreffenden Entwicklungsprojekten beratend zur Seite zu stehen? Aber normalerweise verschickt der Kreis seine Briefe auf grauem Recyclingpapier. Dieser Umschlag hier aber ist schneeweiß und aus Büttenpapier. Seltsam, denkt Elmar, öffnet ihn – und nach ungläubigem Überfliegen folgt ein lauter Schrei, der in leicht hysterisches Lachen übergeht. Etwas zu Luft gekommen, ruft er seine Frau Ingrid herbei. Die kommt, liest und prustet ebenfalls laut los. Es kommt ihnen zu verrückt vor. Denn der Brief vom Kreis Coesfeld ist über den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gekommen, der ihn unterzeichnet hat. Und er besagt: Elmar und Ingrid Meier wird das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen, die höchste Auszeichnung für ein Ehrenamt, die dieses Land zu vergeben hat.