(K)ein teures Hobby
Jedem Terrarianer, der in der letzten Zeit ein Terraristik-Fachgeschäft oder eine Börse besucht hat (also so ziemlich jeder von uns), wird neben den angebotenen Tieren und dem umfangreichen Zubehör auch die dafür veranschlagten Preise bestaunt haben. Denn wie in diesen Zeiten nicht anders zu erwarten, sind sie deutlich höher, als das noch vor gut einem Jahr der Fall war. Nicht ohne Grund: Auch Hersteller und Händler haben mit gestiegenen Kosten zu kämpfen. Aber muss man deswegen gleich vom Hobby Terraristik Abstand nehmen? Nun ja, die großzügige Anlage für sonnenliebende Reptilien mit modernster Beleuchtungstechnik sitzt vielleicht gerade nicht für jeden drin – aber es gibt viele Wege, mit etwas Erfindungsreichtum, Engagement und Geschick die Kosten für die Haltung vieler Arten zu reduzieren. von Stephan Schorn
Besonders Terraristik-Einsteiger müssen bei der Erstausstattung meist tief in die Tasche greifen. Und dann werden sie schnell feststellen, dass z. B. die sehr kostengünstige Bartagame nur die Spitze des finanziellen Eisbergs ist und neben der wesentlich teureren Grundausstattung (Terrarium samt Einrichtung und Technik, Quarantäne- und Aufzuchtbecken usw.) auch noch beständige Kosten für Futter, Strom, den Gang zum Tierarzt, Kotuntersuchungen usw. zu berücksichtigen sind. Und auch hier sind die Preise in den letzten Monaten teils dramatisch gestiegen – Stichworte: Energiekrise, Inflation, neue Gebührenordnung bei Tierärzten ...
Gute Tierhaltung und Enrichment – nur neumodischer Kram?
Konzepte wie Gute Tierhaltung und Enrichment stoßen unter altgedienten Terrarianern oft auf Skepsis. „Was soll denn das nun wieder sein?“, wird gefragt, und: „Bisher ging’s doch auch gut ohne!“ Dabei zeigt ein Blick in die über 150-jährige Tradition der Terraristik, dass schon die Altvorderen mitunter durchaus modern gedacht haben – und dass die scheinbar neumodischen Flausen in Wirklichkeit schon immer zum Kern der Terraristik gehörten. von Frank Krönke
Die Terraristik blickt in Deutschland bereits auf eine über 150-jährige Tradition zurück. Da erscheint mir ein Blick in die Werke unserer Vorfahren lohnend. Hier sollten Aussagen über das Selbstverständnis bezüglich der Reptilienhaltung zu finden und in Bezug zum übergeordneten Diskurs über Gute Tierhaltung und das Enrichment-Konzept zu setzen sein. Dabei hat mich interessiert, wie sich das heute aktuelle Konzept der „Guten Tierhaltung“ (worunter „Enrichment“ zu subsumieren ist) in der Terraristik entwickelt hat bzw. wann es entstanden ist. Es ist darüber hinaus nicht nur ein Blick durch die Zeit, sondern ebenso auf die Erfahrungen und Meinungen von Praktikern, die zwar oftmals auch Akademiker waren, aber primär Menschen, die einfach viele Jahre ihres Lebens der Beschäftigung mit Amphibien und Reptilien gewidmet haben.
Enrichment – von der Idee zum Konzept
„Environmental Enrichment“, die Anreicherung der Umweltbedingungen in der Tierhaltung, hat sich erst in jüngerer Zeit als eigener Wissenschaftszweig herausgebildet. Dabei wurde die Terraristik erstaunlicherweise weitgehend ignoriert. Ein Blick in die Geschichte und auf die aktuelle Diskussion, was artgerechte Tierhaltung eben auch ausmacht. von Frank Krönke
In der REPTILIA Nr. 151 habe ich im Titelthema ausführlich über die Möglichkeiten des Enrichments in der Terraristik berichtet, mit vielen praktischen Fallbeispielen. Erstaunlicherweise wird dieser Aspekt der Tierhaltung bei Säugetieren und Vögeln intensiv diskutiert, in Zoos beschäftigt man sich inzwischen engagiert damit, Umweltreize und geistige Herausforderungen für die Pfleglinge zu ersinnen. An der Terraristik scheint diese Diskussion weitgehend vorbeigegangen zu sein. Oder doch nicht? Haben Terrarianer vielleicht sogar schon sehr viel länger sozusagen intuitiv auf solche Anforderungen geachtet?
Artgerecht? Gute Tierhaltung in der Terraristik
„Artgerecht“ – kaum ein Begriff ist in Bezug auf Tierhaltung so sehr in aller Munde. Doch was bedeutet das eigentlich? Wir blicken auf die Kriterien für „gute Tierhaltung“, schauen in die Geschichte der Terraristik, fragen dabei, ob das eigentlich wirklich so neue Ideen sind, und verfolgen schließlich, wie das Konzept einer an Reizen reicheren Tierhaltung, das sogenannte Enrichment, immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. von Frank Krönke
Ich kann mich irren, doch habe ich den Eindruck, dass die heutigen Wissenschaftler, deren Texte zum Thema „Tierwohl bei Reptilien“ ich gelesen habe, selbst weder über praktische Erfahrung im Umgang mit Reptilien außerhalb ihrer Studien verfügen, noch das Wissen und die Erfahrungen der „Szene“ gut kennen, also das Haltungsniveau und den Wissensschatz der Reptilienhalter. Leider scheinen sie meist nicht einmal ansatzweise die Vielzahl fachspezifischer Publikationen zu den unterschiedlichsten Bereichen der Reptilienhaltung zu kennen. Ich möchte damit keinesfalls behaupten, dass ein Wissenschaftler nur dann solide Forschung an oder mit Reptilien oder deren Haltung betreiben kann, wenn er selbst auch diese Tiere hält – nein! Aber durch eigene praktische Erfahrungen erhielte er einen wertvollen Kontext, der so manche Einordnung von Fakten und deren Bewertung in einem anderen, vielleicht realistischeren Licht erscheinen ließe. Forderungen bezüglich einer Verbesserung der Reptilienhaltung laufen daher meines Erachtens jedenfalls häufig an den Realitäten vorbei.
Intelligenzbestien – Reptilien haben ganz schön was auf dem Kasten
Es gibt immer noch viele Menschen, die der Meinung sind, Reptilien seien rein instinktgesteuerte, niedere Wesen. Doch die Wissenschaft hat längst das Gegenteil bewiesen: Tatsächlich sind die „Kaltblüter“ um einiges schlauer, als viele ahnen. von Luca Spaczek
Weißkehlwarane (Varanus albigularis) können zählen. Selbstverständlich kennen sie keine Zahlenworte wie „eins“ oder „zwei“, doch sind sie in der Lage, mehrere Objekte zu differenzieren und zielgenau festzustellen, wenn eines fehlt. Zu Forschungszwecken hielten Wissenschaftler vier Jungtiere der Art in einem 12 m² großen Raum. Um den natürlichen Futter-Rhythmus der Echsen zu simulieren, wurden Futtertiere immer an verschiedenen Stellen im Terrarium platziert. Die Warane schienen sich zu merken, an welchen Stellen am häufigsten Futter zu finden war, und, wenn sie hungrig wurden, hielten sie sich bevorzugt dort auf.
Gila-Monster und monströse Schmerzen
Bis noch vor wenigen Jahren wurden Krustenechsen als die einzigen giftigen Echsen der Welt angesehen. Zwar ist seit kurzer Zeit bekannt, dass auch andere Echsen Giftdrüsen besitzen, aber nur Heloderma verfügt über Giftzähne. Die Gefährlichkeit von Krustenechsen wird aber häufig übertrieben, in der Praxis kommen Unfälle kaum vor. Dennoch ist umsichtiges Verhalten beim Umgang mit diesen Reptilien ein unbedingtes Muss. von Julia Morisse & Stephan Schorn
Krustenechsen, aber auch Warane wie z. B. der Komodowaran (Varanus komodoensis) und die Östliche Bartagame (Pogona barbata) sowie sehr wahrscheinlich viele weitere Echsen aus unterschiedlichen Familien verfügen über Giftdrüsen. Da Krustenechsen und Warane den Schlangen phylogenetisch am nächsten stehen, können ihre Giftdrüsen als evolutionäres Überbleibsel aus jener Zeit gedeutet werden, in der sich die Echsen von den Schlangen abgespaltet haben. Der gemeinsame Vorfahre aller aus dieser – nicht ohne Kritik gebliebenen – Sichtweise als Toxicofera (= angenommene systematische Gruppe der Schuppenkriechtiere mit Giftdrüsen) bezeichneten Tiere soll vor etwa 230–200 Millionen Jahren in der Obertrias gelebt haben.
Krustenechsen – faszinierende Urzeittiere
Die Krustenechsen der Gattung Heloderma sind die einzigen Vertreter Familie Helodermatidae. Die als einzige „echt giftige“ Echsen der Welt berühmten Reptilien haben Menschen schon seit jeher in ihren Bann geschlagen. Dutzende Mythen ranken sich um sie. Sie sind aber auch ein Beispiel für eine entwicklungsgeschichtlich sehr alte Reptiliengruppe, die sich seit Millionen Jahren kaum verändert hat. von Julia Morisse
Die Krustenechsen der Gattung Heloderma werden heute in fünf Arten unterteilt, nachdem die ehemaligen Unterarten der Skorpionskrustenechse Heloderma horridum Artstatus erhalten haben.
Die Gattung Heloderma existiert bereits seit dem Miozän vor ca. 23 Millionen Jahren. Der damals lebende, nächste fossile Verwandte trägt den Namen Heloderma texana und wurde in Sedimenten im Big-Bend-Nationalpark in West-Texas entdeckt. Weitere Schädel- und Knochenfunde belegen die Verbreitung früher Verwandter in Europa, Asien und Afrika vor bereits mehr als 100 Millionen Jahren. Weil sie sich über diesen geologischen Zeitraum kaum verändert haben, werden Krustenechsen teilweise als „lebende Fossilien“ bezeichnet.
Die Wechselkröte – Lurch des Jahres 2022
Die Wechselkröte ist eine der schönsten einheimischen Amphibienarten. Die mittelgroße Kröte ist von der DGHT zum Lurch des Jahres 2022 gekürt worden, um auf ihre Bedrohungslage zwischen Lebensraumzerstörung und Klimawandel aufmerksam zu machen. Ein Porträt. von Agnes Wilms & Bernhard Pellkofer
Die Wechselkröte (Bufotes viridis) wird in Mitteleuropa maximal 9 cm lang und ist somit deutlich kleiner als die Erdkröte. Die mit einem charakteristischen, individuenspezifischen, grünlichen Fleckenmuster gezeichnete Kröte wird gelegentlich mit der etwa gleich großen Kreuzkröte (Epidalea calamita) verwechselt. Letztere trägt jedoch einen deutlich erkennbaren hellen Streifen auf dem Rücken. Das Muster der Wechselkröte ist wesentlich klarer abgegrenzt als das der Kreuzkröte.
Verständnis schaffen, Kapazitäten erweitern, Risiken minimieren: die Chinesische Rotbauchunke Bombina (Bombina orientalis) bei Citizen Conservation
Erhaltungszuchten für bedrohte Tierarten in Zusammenarbeit von privaten Terrarianern und Zoos – das ist das Ziel von Citizen Conservation. Auch die Chinesische Rotbauchunke wird in dem Programm betreut, obwohl sie gar nicht gefährdet ist. Warum? Dafür gibt es gleich drei sehr gute Gründe. von Heiko Werning
Im Jahr 2008 wurde das Projekt Citizen Conservation (CC) von unserem gemeinnützigen Berliner Verein Frogs & Friends, einer Art PR-Agentur für Amphibien, gestartet. Mit dem Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) und der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) haben wir zwei schlagkräftige Träger gefunden, die bereit waren, mit uns zusammen in einer fünfjährigen Pilotphase zu testen, ob unsere Ideen in der Praxis funktionieren. Schon jetzt kann man sagen: Ja, es klappt. Und deshalb wird CC auch über die Pilotphase hinaus verlängert und agiert ab jetzt als gemeinnützige Citizen Conservation Foundation gGmbH.
Was sind eigentlich Unken? – Die Gattung Bombina im Überblick
Sie zählen wohl zu den interessantesten Froschlurchen überhaupt: die Unken der Familie Bombinatoridae. In der Terraristik besonders bekannt ist ihre farbenfrohste Vertreterin, die Chinesische Rotbauchunke. Auch unsere einheimischen Rotbauch- und Gelbbauchunken gehören zu den sehr bekannten Arten, obwohl ihre Bestände in der Natur zumindest bei uns stark bedroht sind. Die wenigen weiteren Unken-Arten sind weniger prominent, bergen aber sicherlich für die Zukunft noch terraristisches Potenzial. Ein Überblick über eine außergewöhnliche Gattung. von Leandro Bergmann
Eine eigene Familie
Unken sind 4–9 cm große Froschlurche mit semiaquatischer Lebensweise, also halb im Wasser lebend. Besonders auffällig und charmant sind ihre einzigartigen, herzförmigen Pupillen. Sie zählen zu den urtümlichen Anuren (Froschlurchen).
Die meisten Menschen würden Unken als Kröten einordnen. Ein Grund dafür ist ihr Aussehen. Die warzige Haut ist auch ein Merkmal der Kröten. Aber auch die Fortbewegung ist recht ähnlich. Ihr abgeflachter Körperbau unterscheidet sie aber recht gut von diesen.
Eine Eigenheit der Unken ist ihre Art, Rufe zu erzeugen. Während alle anderen Froschlurche rufen, indem sie Luft in ihre Lungen aufnehmen und diese dann beim Ausatmen über die Stimmbänder leiten und durch die Schallblasen verstärken, machen es Unken genau andersherum: Sie erzeugen ihre Rufe beim Einatmen, zur Verstärkung dient die Lunge selbst, was rufenden Unken ein etwas an einen Blasebalg erinnerndes Aussehen gibt, bei dem die Luft die Körperseiten aufpumpt und dann wieder entweicht. Zur weiteren Verstärkung verfügen einzig Rotbauchunken (Bombina bombina) noch über innere Schallblasen im Kehlbereich.