von Eric Vance
Als der Biologe Luis Zambrano Ende der 1990er-Jahre seine Laufbahn begann, stellte er sich vor, er werde irgendwo mitten in der Wildnis arbeiten und vielleicht in einer vergessenen Ecke von Mexikos Halbinsel Yucatán neue Arten entdecken. Stattdessen fand er sich Jahre später in den verschmutzten, trüben Kanälen von Mexiko-Citys Distrikt Xochimilco wieder. Hier sollte er Amphibien zählen. Der Job hatte zwar auch seine guten Seiten: Er arbeitete nur ein paar Minuten von seiner Wohnung entfernt und erforschte den Axolotl (Ambystoma mexicanum), ein „Nationalheiligtum“ Mexikos und vielleicht der bemerkenswerteste Schwanzlurch auf der ganzen Welt. Dennoch konnte es Zambrano nicht erwarten, dass dieses erste Jahr vorüberging. „Ich muss schon sagen, anfangs hasste ich das Projekt“, gibt er zu. Und das mit gutem Grund: „Ich konnte überhaupt nichts fangen!“
Mit der Zeit gingen ihm jedoch endlich ein paar Axolotl ins Netz. Was er herausfand, überraschte ihn – und sollte seiner beruflichen Karriere eine völlig andere Richtung geben. Im Jahr 1998 hatte die erste belastbare Studie ergeben, in Xochimilco lebten rund 6.000 Exemplare des Axolotls pro Quadratkilometer. Nur zwei Jahre später stellte Zambrano, heute Professor an der Nationalen Autonomen Universität von Mexico (UNAM) in Mexiko-Stadt, jedoch betroffen fest, dass die Populationsdichte auf lediglich 1.000 Tiere pro Quadratkilometer zurückgegangen war, bis zum Jahr 2008 auf gerade einmal noch 100 Axolotl. Heute leben hier aufgrund der Verschmutzung und invasiver Fressfeinde lediglich vielleicht 35 der charismatischen Amphibien pro Quadratkilometer.
Somit steht der Axolotl nur einen Schritt davon entfernt, in den Kanälen von Mexiko-Stadt auszusterben, seinem einzigen natürlichen Lebensraum. Aber obwohl es dort draußen vielleicht nur noch ein paar hundert Exemplare gibt, leben zehntausende in privaten Aquarien und den Forschungslaboren rund um den Erdball. Sie werden so reichlich gezüchtet, dass manche Restaurants in Japan sie sogar frittiert als Delikatesse servieren.
„Was den Artenschutz betrifft, ist die Lage beim Axolotl komplett paradox“, sagt Richard Griffiths, Ökologe an der Universität Kent in Canterbury, Großbritannien, der Zambrano für das Axolotl-Projekt eingestellt hat. „Schließlich ist er die wohl weltweit häufigste Amphibienart in privater Haltung und im Labor, in seinem natürlichen Lebensraum dagegen ist er fast verschwunden.“