Meistens gilt die Bewunderung in der Herpetologie den vielfältigen Überlebensstrategien von adulten Froschlurchen. Der Weg zum „Meister der Anpassung“ beginnt aber viel früher. Bereits als Larve nutzen Laubfrösche das Spiel der Pigmente und scheinen fähig zu sein, sich das Verhalten von fremden Arten anzueignen. Ein Fallbeispiel anhand von Nördlichem Kammmolch und Europäischem Laubfrosch im selben Fortpflanzungsgewässer. von Philipp Goeldlinr
Amphibien haben nicht nur als erste Wirbeltiere das Land erobert, sondern sich auch in beeindruckender Art und Weise an die Bedingungen des jeweilig besiedelten Fleckchens Erde angepasst. Entweder, indem sie Strategien der Spezialisierung verfeinerten, oder, indem sie sich in gegenteiliger Richtung zu Generalisten entwickelt haben.
Meistens wird bei der Beobachtung der Anpassungsstrategien die Aufmerksamkeit auf die Arten- und Formenvielfalt der Lurche in ihrer endgültigen Entwicklungsstufe als Landwirbeltier gerichtet, während die Larven nie wirklich im Mittelpunkt der Neugier gestanden haben, obwohl anzunehmen ist, dass die bemerkenswerte Erfolgsgeschichte dieser Tiere bereits da ihren Ursprung hat.
Dass sich einige Kaulquappen bestimmter Verhaltensweisen bedienen, um sich vor Fischen zu schützen, ist von der Erdkröte (Bufo bufo) weitläufig bekannt. Deren Larven haben ein fischeigenes Verhalten adaptiert und tarnen sich in größeren Schwärmen, um den Fressfeinden größer respektive als Gesamtkorpus zu erscheinen. In diesem Artikel möchte ich nun eine Beobachtung ins Zentrum rücken, die Harald Cigler, Amphibienschutzbeauftragter im Kanton Zürich in der Schweiz, im Juli 2006 am Europäischen Laubfrosch (Hyla arborea) machte und dokumentierte. Zusammen mit Gaston Guex vom Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich startete er im Anschluss ein Experiment, um sie zu validieren.
Zwei bemerkenswerte Amphibien
Der Europäische Laubfrosch ist ein Bewohner der Überschwemmungsgebiete unserer Breitengrade. Die Fortpflanzungsperiode beginnt im April und dauert bis in den Juni hinein. Mit lautstarkem Rufen machen die Männchen auf sich aufmerksam. Trotz seiner bescheidenen Größe ist dieser Frosch dank seiner überdimensionierten Schallblase der lauteste Teilnehmer der amphibischen Konzertrunden in Europa. Bis zu 90 Dezibel erreichen die zierlichen Männchen auf einen Abstand von 50 cm. Das Tarnkleid des Laubfroschs ist veränderbar. Er ist dadurch, im Gegensatz zu allen anderen heimischen Froschlurchen, befähigt, zeitlebens seine Hautfarbe stimmungsabhängig der Umgebung anzupassen.
Dass die Tarnung mittels der Pigmentierung bereits im Larvenstadium von Hyla arborea beginnt, konnte Harald Cigler erstmals im Juli 2006 in der Amphibien-Aufzuchtanlage seines Naturgartens beobachten.