Nord-Kroatien ist von Österreich aus nur eine Tagesreise entfernt, aber bietet fantastische herpetologische Beobachtungsmöglichkeiten. Hier findet man schon zahlreiche südosteuropäische Charakterarten. Ein idealer Tipp für einen Kurztrip in der warmen Jahreszeit. von Kai Kolodziej und Philip Prokosch
Mitte Mai brachen wir gegen die Mittagszeit von Wien aus an die Westküste von Istrien auf, wo wir unsere gemeinsame Herping-Tour beginnen wollten. Das erste Ziel, eine Ruinenstadt im Landesinneren, erreichten wir am selben Tag gegen 22 Uhr. Hier erhofften wir aufgrund der milden Nachttemperaturen, die Katzenaugennatter (Telescopus fallax) bei der nächtlichen Jagd zu finden, immerhin hatte sich diese Stelle schon zuvor als vielversprechend erwiesen. Auch wenn wir in dieser Hinsicht enttäuscht wurden, konnten wir in den Spalten des Mauerwerks zahlreiche Skorpione (Euscorpius italicus) beobachten. Eine Schwarzlicht-Lampe leistete dabei sehr gute Dienste!
An der istrischen Küste
Nach einer sehr kurzen Nacht im Zelt erwartete uns zunächst eher suboptimales Wetter mit Wind und sehr vielen Wolken. Statt direkt den angestrebten Küstenabschnitt bei Rovinj aufzusuchen, beschlossen wir, uns zunächst in der direkten Umgebung unseres Nachtquartiers umzusehen und auf bessere Bedingungen zu warten. Nahe einem Olivenhain fanden wir eine vielversprechende, verwilderte Schutthalde, die von dichtem Buschwerk umgeben war.
Entgegen unserer Erwartungen dauerte es keine zehn Minuten, bis wir das erste Reptil finden konnten: Eine graue Äskulapnatter (Zamenis longissimus), die sogar zu unseren Hauptzielen auf dieser Reise gehörte. Aufgrund der noch fehlenden Wärme war dieses wunderschöne Tier recht inaktiv und ließ dementsprechend einige Fotos zu.
Bei der weiteren Erkundung der Halde konnten wir neben einigen Springspinnen (Philaeus chrysops) auch zwei adulte Landschildkröten (Testudo hermanni boettgeri) finden, die die ersten Sonnenstrahlen ausnutzten. Mit steigenden Temperaturen zeigten sich auch andere Reptilien, neben den häufigen Karstläufern (Podarcis melisellensis) sichteten wir auch einen ersten Scheltopusik (Pseudopus apodus). Diese große Schleiche fällt vor allem durch ihr sehr geräuschvolles Fluchtverhalten auf, das charakteristisch für diese Art ist (Böhme 1981). Oft merkten wir erst durch das lautstarke Rascheln im Unterholz, dass wir einem Scheltopusik ganz nahe gewesen waren. Gegen 10 Uhr beschlossen wir schließlich, die Küste aufzusuchen, um uns dem eigentlichen Tagesziel zu widmen.